Newsletter 10/2025

Graphic Recording von Matthias Schwert auf der Landes-Demokratiekonferenz

Liebe Leserinnen und Leser,

bei uns macht sich bereits der Endspurt zum Jahresende bemerkbar. Der Terminkalender ist voll, die Vorhaben dieses Jahres wollen abgeschlossen, die Projekte für 2026 angestoßen und geplant werden.

Wir blicken auf eine erfolgreiche Landesdemokratiekonferenz mit gut 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zurück. Das Thema „Demokratie online – Wie soziale Medien unsere Debatten verändern“ traf den Nerv. Die Mischung aus wissenschaftlichen Erkenntnissen und praktischen Perspektiven kam hervorragend an. Eine Zusammenfassung der Studie „Demokratie Monitor 2025“ von Prof. Dr. Frank Brettschneider finden Sie in diesem Newsletter. Überzeugend war auch die Speed-Dating-Premiere – neue Kontakte entstanden und Netzwerke wurden erweitert. Wir freuen uns, Sie bei der ein oder anderen Gelegenheit wieder zu sehen.

In diesem Newsletter präsentieren wir Ihnen wie gewohnt neue Publikationen, Veranstaltungen und interessante Ausschreibungen zu den Themen Demokratieförderung, Vielfalt und Extremismusprävention.

Mehr über unsere Arbeit erfahren Sie auf unserer Website: www. demokratiezentrum-bw. de.

Wir freuen uns auf Ihre Ideen, Kommentare und Anregungen – schreiben Sie uns an info@demokratiezentrum-bw.de.

 Viel Freude beim Lesen wünscht

Ihre Landeskoordinierungsstelle des Demokratiezentrums Baden-Württemberg

NEUES AUS DEM DEMOKRATIEZENTRUM BW

Misstrauen gegen Politik und Medien

Gut ein Viertel der Deutschen glaubt, dass „geheime Mächte“ die Politik des Landes lenken. Ein Fünftel ist überzeugt, Massenmedien würden die Bevölkerung „systematisch belügen“. Zu diesem Ergebnis kommt der „Demokratie Monitor“ der Universität Hohenheim, den der Kommunikations- und Politikwissenschaftler Prof. Dr. Frank Brettschneider bei der Landesdemokratiekonferenz in Stuttgart erstmals präsentierte. Für die Studie wurden im August und September 4.057 Deutsche, darunter 2.505 aus Baden-Württemberg, vom Umfrageinstitut Forsa repräsentativ befragt.

Die gute Nachricht: Eine deutliche Mehrheit der Menschen in Baden-Württemberg ist mit der Demokratie zufrieden – besonders auf kommunaler Ebene (65 Prozent), gefolgt von der Landesebene (63 Prozent). Das Vertrauen der Baden-Württemberger in Demokratie, Institutionen und Medien ist etwas höher als im Bundesdurchschnitt. Populistische Thesen und Verschwörungserzählungen finden im Südwesten weniger Anklang.

Populisten greifen stets auf dieselben Erzählungen zurück. Sie glauben an einen einheitlichen „Volkswillen“, den innere und äußere Mächte unterdrücken. Politische Eliten und Massenmedien zählen für sie zu den inneren Mächten. Zu den äußeren rechnen sie die EU, die Globalisierung und den Islam.

Um zu messen, wie stark ein rechtspopulistisches Weltbild in der Bevölkerung verbreitet ist, legten die Forscher den Befragten 18 Aussagen vor. Einige waren populistisch oder enthielten Verschwörungserzählungen. Wer mindestens zwölf der 18 Aussagen zustimmte, dem attestierten die Forscher ein „populistisches“ oder „geschlossen populistisches“ Weltbild. Auf 13 Prozent der Befragten in Baden-Württemberg trifft dies zu. Im Osten Deutschlands liegt der Anteil mit 28 Prozent deutlich höher. Laut der Studie sind vor allem Menschen mit geringer Bildung anfällig für Populismus und Verschwörungsmythen.

Menschen mit populistischem Weltbild informieren sich seltener über klassische Medien wie Zeitungen, Radio oder Fernsehen. Stattdessen nutzen sie überdurchschnittlich oft Social-Media-Plattformen wie TikTok, Facebook oder Instagram. Auf einigen dieser Kanäle dominieren negative Nachrichten, die Untergangsstimmung verbreiten. Menschen mit einem populistischen Weltbild blicken zudem pessimistischer in die Zukunft und sind überdurchschnittlich oft überzeugt, dass früher alles viel besser war. Das Fazit von Prof. Dr. Brettschneider: „Wer sich – gelenkt von Algorithmen – dem Doomscrolling hingibt, glaubt irgendwann, die Welt sei dem Untergang geweiht.“

Die Ergebnisse der Studie finden Sie hier.

NEUES AUS DEM BUNDESPROGRAMM

Neue Förderrichtlinie erst 2027  

Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) will das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ neu ausrichten. In einem Schreiben an die Empfänger der Fördermittel kündigt Staatssekretär Ingo Behnel umfassende Änderungen an. Das Programm soll künftig nicht nur den Rechtsextremismus bekämpfen, sondern auch stärker gegen Antisemitismus, islamistischen Extremismus und Linksextremismus vorgehen. Zudem soll „Demokratie leben!“ vor Ort gestärkt werden und dort ansetzen, „wo Menschen (in Regelstrukturen) zusammenkommen“. Geplant ist zudem, das Programm für die Arbeits- und Unternehmenswelt zu öffnen. Um die wachsende Radikalisierung im Internet wirkungsvoll bekämpfen zu können, soll die Extremismusprävention in der digitalen Welt deutlich ausgebaut werden. Die neue Förderrichtlinie soll nach Angaben des Bundesministeriums  für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend zeitnah erarbeitet und im kommenden Jahr vorgelegt werden.

DEMOKRATIEZENTRUM VOR ORT  

RIAS BW stellt sich vor

Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Baden-Württemberg und der Bundesverband RIAS präsentieren am 11. November 2025 von 18 bis 19.30 Uhr in Mannheim den Jahresbericht „Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2024“. Der RIAS-Jahresbericht beziffert erstmals die langfristigen Folgen des 7. Oktober 2023. Neben den bundesweiten Entwicklungen beleuchtet der Bericht auch antisemitische Vorfälle in Baden-Württemberg. Zudem stellt RIAS Baden-Württemberg ihre Arbeit vor.

Anmeldungen per Mail an info@rias-bw.de. Der Veranstaltungsort wird nach der Anmeldung bekannt gegeben.


Islamismus in Deutschland

„Islamismus in Deutschland, Herausforderungen und Erfahrungen aus der Islamberatung“ ist der Titel einer Abend- und Onlineveranstaltung am 13. November 2025, 18 bis 21.30 Uhr, an der Katholischen Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Die Anmeldung ist hier möglich.


 

Projektarbeit am Kopf

Small Talk im Friseursalon beeinflusst Denken und Handeln oft stärker als wissenschaftliche Erkenntnisse. Zu diesem Schluss kommt der Oxforder Umweltforscher Sam Hampton. Die Kunstaktion Arbeit am Kopf will diese Erkenntnis mit einem vierwöchigen Pilotprojekt praktisch nutzen und das Vertrauen in die Demokratie stärken.
Die Eröffnung des Salons mit Vorstellung des Konzepts findet am 14. November 2025, 18 Uhr, statt. Am 17. November 2025, 17 bis 19.30 Uhr, lädt das Team meX der Landeszentrale für politische Bildung BadenWürttemberg zum kostenfreien Workshop  Kompetent gegen rechte Sprüche! “ ein. Veranstaltungsort ist das Haus der BB Stiftung, Johannesstraße 47 B, Stuttgart. Weitere Informationen finden Sie hier

Jüdisches Leben in Deutschland und Frankreich

Mit dem Thema „Jüdisches Leben heute in Frankreich und Deutschland – Kontexte und Handlungsperspektiven“ beschäftigt sich eine Veranstaltung der Freunde des Institut français Stuttgart e.V. am 17. November 2025, 19 bis 21.15 Uhr im Hospitalhof Stuttgart. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist erforderlich. Weitere Informationen sind hier zu finden.


Extrem rechte Jugendgruppen im Südwesten

Die Fachstelle mobirex beschäftigt sich am 20. November 2025, 19 bis 21 Uhr, in einer Online-Veranstaltung mit extrem rechten Jugendgruppen in Baden-Württemberg. Die Veranstaltung richtet sich an Engagierte, Interessierte und Netzwerkpartner. Anmeldung per Mail an mobirex@lago-bw.de (bitte Vor- und Nachname angeben)


Vorlesungsreihe zum Vormarsch der extremen Rechten

Im Wintersemester 2025/26 widmet sich die interdisziplinäre Vorlesungsreihe des Instituts für Rechtsextremismusforschung an der Universität Tübingen dem Thema der extremen Rechten in der Gegenwart. In der Reihe werden politische, gesellschaftliche und kulturelle Dimensionen des globalen Rechtsrucks analysiert. Die Vorlesungsreihe findet bis zum 3. Februar 2026 immer dienstags, 19 Uhr c.t. im Kupferbau-Hörsaal 25 statt.  Weitere Informationen sind hier zu finden.

 


Fußball als Lernort

„Ronaldo mag keine Juden. Fußball als demokratiestärkender Lernort für Jugendliche und junge Erwachsene in der postnationalsozialistischen Gesellschaft der Vielen“ ist das Thema eines Online-Vortrags von David Berchem am 27. November, 12.30 bis 14 Uhr, bei der Fachstelle Extremismusdistanzierung (FEX).

Anmeldung und weitere Informationen unter https://fexbw.de/events/

 

ÜBER DEN TELLERRAND 

Statistik: Die Zahl junger Rechtsextremer hat sich in einem Jahr verdoppelt

Die rechtsextreme Szene gewinnt immer mehr junge Anhänger. Seit 2020 steigt die Zahl Jugendlicher, die politisch rechts motivierte Straftaten begangen haben sollen, kontinuierlich. 2024 lag sie doppelt so hoch wie 2023. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen hervor.

Besonders stark wuchs die Zahl der Verdächtigen 14- bis 17-Jährigen. 2024 zählte man 3854 Tatverdächtige, 2023 waren es noch 1785. In beiden Jahren waren fast 90 Prozent von ihnen männlich. Auch bei den bis 13-Jährigen stieg die Zahl deutlich an: Von den 204 Tatverdächtigen war ein Viertel weiblich. Bei den bis 24-Jährigen nahm die „politisch motivierte Kriminalität rechts“ ebenfalls zu. Das Bundesinnenministerium legte die Zahlen erstmals in dieser Form vor.

Die Szene locke mit „niederschwelligen, erlebnisorientierten Angeboten“ und fülle Lücken im jugendkulturellen Umfeld, so das Innenministerium. Die Gruppen agierten heute dynamischer und kurzlebiger. Statt sich wie früher in Vereinen oder Kameradschaften zu organisieren, setzen sie auf „aktions- und veranstaltungsbezogene Formate“. Mit Messengerdiensten und sozialen Netzwerken mobilisierten sie schnell und flexibel. Starre Strukturen oder Hierarchien spielten kaum noch eine Rolle.

Beim Anwerben junger Menschen setzt die Szene auf Agitation gegen die „LGBTQ+-Community“, traditionelle Geschlechterrollen und Freizeitangebote wie Kampfsport oder Wandern. Über Plattformen wie Instagram und TikTok verbreiten sie regelmäßig Werbevideos, oft von Demonstrationen, an denen sie teilgenommen haben.

„Extremistische Influencer“ spielen eine Schlüsselrolle, um Jugendliche für ihre Ideologien zu gewinnen. Sie nutzen Strategien des Influencer-Marketings und verschleiern ihre Zugehörigkeit zur rechtsextremen Szene, indem sie zunächst harmlose, unpolitische Hashtags verwenden.

DEMOKRATIE-THEATER IN BACKNANG

Sprachlos durch Backnang 2033 

Was passiert, wenn Demokratie und Freiheit plötzlich verschwinden? Mit dieser Frage beschäftigt sich das Theaterprojekt „Sprachlos durch Backnang 2033“, das die Theaterwerkstatt der Matthäuskirche am Donnerstag, 13. November 2025, um 9.30 Uhr und am  Dienstag, 18. November 2025, um 18 Uhr in der Backnanger Innenstadt präsentiert. Der geführte Theater-Spaziergang versetzt das Publikum ins Jahr 2033. Backnang erscheint darin als Stadt, in der politische Strukturen verändert sind, Vielfalt und Mitbestimmung kaum noch eine Rolle spielen. Die Teilnahme ist kostenlos. Eine Anmeldung per E-Mail an theaterwerkstatt@matthaeuskirche.de ist erforderlich; der Treffpunkt wird nach Anmeldung mitgeteilt. Weitere Informationen gibt es unter www.matthaeuskirche.de

 

NEUE RIAS-STUDIE  

Politischer Antisemitismus in Deutschland seit dem 7. Oktober 2023

Nach dem Massaker der Terrororganisation Hamas am 7. Oktober 2023 und der  anschließenden israelischen Militäroffensive im Gazastreifen haben antisemitische Vorfälle in Deutschland zugenommen. Das zeigt die Publikation „Politischer Antisemitismus seit dem 7. Oktober“ des Bundesverbands der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus e.V. (RIAS). Im Zentrum des Berichts steht die Auswertung von 2.225 Versammlungen vom 7. Oktober 2023 bis Ende 2024, bei denen antisemitische Inhalte dokumentiert wurden.

RIAS beobachtet eine Vernetzungen über politische Lager hinweg und spricht von einer „bedrückenden Normalität“ – mit gravierenden Folgen für Jüdinnen und Juden in Deutschland.

„Aufrufe zur Vernichtung Israels, Befürwortung von Gewalt gegen Jüdinnen und Juden, offene Unterstützung des Hamas-Terrors und die Relativierung der Schoa – all das gehört zwei Jahre nach dem 7. Oktober zur bedrückenden Normalität“, fasst RIAS-Geschäftsführer Benjamin Steinitz die Auswertung zusammen. Laut Bericht dient Israelfeindschaft als verbindendes Element bei Versammlungen, die antiisraelische Aktivistinnen und Aktivisten, islamistische Gruppen und links-antiimperialistische Personen zusammenbringen.

Die Zahl antisemitischer Vorfälle an Hochschulen, die RIAS dokumentierte, stieg von 151 im Jahr 2023 auf 450 im Jahr 2024 – fast eine Verdreifachung. 2022 hatte RIAS lediglich 23 Fälle registriert. Diese Zunahme führte zu einem wachsenden Bedarf an Beratung und Unterstützung für Betroffene, besonders an Schulen.

Die Studie ist hier zu finden.

 

 

JEDER DRITTE FÜHLT SICH EINSAM

Etwa ein Drittel der Menschen in Baden-Württemberg leidet unter Einsamkeit. Das ist das Ergebnis einer landesweiten Studie der Bertelsmann-Stiftung, die das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration finanziell gefördert hat.

30,1 Prozent der Befragten gaben an, sich „moderat einsam“ zu fühlen, 8,1 Prozent bezeichneten sich sogar als „stark einsam“. Für die Untersuchung wurden 1.842 Personen befragt, die die Bevölkerung Baden-Württembergs in Bezug auf Schulabschluss, Regierungsbezirk, Alter sowie die Kombination aus Alter und Geschlecht repräsentieren.

Die Studie zeigt, dass Einsamkeit die Gesundheit, die Lebenszufriedenheit und das Vertrauen in die Demokratie beeinträchtigt. Besonders gefährdet sind Menschen mit geringem Einkommen, gesundheitlichen Problemen, Behinderungen, unsicheren Arbeitsverhältnissen oder Migrationshintergrund.

Früher galt Einsamkeit vor allem als Problem älterer Menschen. Die Studie stellt jedoch fest, dass heute vor allem Menschen zwischen 30 und 65 Jahren sowie unter Dreißigjährige betroffen sind.

Einsamkeit gehe zudem oft mit einem hohen Medienkonsum einher. Wer sich einsam fühlt, verbringt mehr Zeit vor Bildschirmen und in sozialen Netzwerken. Je länger die Nutzung digitaler Medien dauert, desto stärker empfinden die Betroffenen ihre Einsamkeit.

Mehr über die Studie finden Sie hier. 

AUSSCHREIBUNGEN

BW Stiftung fördert Bildung gegen Antisemitismus

Antisemitismus zeigt sich in vielen Formen – von Feindbildern gegen Israel über Verschwörungsmythen bis hin zur Abwehr von Erinnerungskultur. Ein neues Programm der Baden-Württemberg Stiftung will diesem gesamtgesellschaftlichen Problem gezielt begegnen.

Das Ziel: Antisemitismus in all seinen Ausprägungen bekämpfen. Angesichts zunehmender antisemitischer Vorfälle und wachsender Gruppenfeindlichkeit will die Stiftung die Zusammenarbeit von Bildungsakteuren und Institutionen im Land stärken. So sollen bestehende und neue Maßnahmen gegen Antisemitismus effektiver greifen.

Das Programm setzt auf Kooperation, Veranstaltungen, Forschung und Projektförderung. Es soll Bedarfe erkennen, institutionelle Hürden aufdecken und wirksame Lösungen entwickeln.

Die Bewerbungsfristen für die ersten beiden Ausschreibungsrunden enden am Montag, 24. November 2025 und am Montag, 2. Februar 2026, jeweils um 12 Uhr.

Details zur Ausschreibung finden Sie unter diesem Link.


Preise für die Erinnerungsarbeit  

Seit 2019 würdigt der Rahel-Straus-Preis Menschen und Gruppen in Baden-Württemberg, die sich ehrenamtlich für nachhaltige Erinnerungsarbeit einsetzen und damit ein vielfältiges, demokratisches Miteinander fördern. Der Rahel-Straus-Jugendpreis richtet sich speziell an Initiativen von und mit Jugendlichen. Beide Auszeichnungen vergibt die Landesarbeitsgemeinschaft Baden-Württemberg im Verein Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V. und dotiert sie mit jeweils 1.000 Euro. Die Berthold-Leibinger-Stiftung unterstützt das Projekt als Förderpartnerin.

Bewerbungen und Vorschläge sind bis zum 15. Februar 2026 möglich. Einzelpersonen oder Initiativen können sich selbst bewerben oder von anderen vorgeschlagen werden.

Weiterführende Informationen zur Ausschreibung und zum Bewerbungsformular finden Sie hier

ZUM SEHEN, ZUM LESEN, ZUM HÖREN  

Zum Sehen: Der digitale Tsunami

Wie verändert sich unsere Welt, wenn KI über Leben und Tod entscheidet, Maschinen uns leiten und Kinder vor Bildschirmen aufwachsen? Der Arte-Dokumentarfilm „Der digitale Tsunami“ beleuchtet die Umwälzungen der digitalen Revolution – mit all ihren Folgen für Gesellschaft, Psyche und Politik.

Der digitale Tsunami – Die ganze Doku | ARTE


Zum Lesen: Die Lust an der Zerstörung  

Woher rührt die Lust an der Zerstörung in demokratischen Gesellschaften? Die Soziologen und Bestsellerautoren Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey versuchen in ihrem neuen Buch zu erklären, was die Revolte der Enttäuschten antreibt. Ihre Arbeit basiert auf umfangreiche empirische Forschungen und einige Dutzend Interviews mit Menschen, die libertäre, rechtspopulistische oder destruktive Haltungen pflegen. Im Kern, so ihre These, rebellieren diese Menschen gegen die Blockade liberaler Gesellschaften, die ihre Versprechen auf sozialen Aufstieg und Emanzipation nicht mehr erfüllen. Ihr neues Buch knüpft an die preisgekrönte Analyse aus „Gekränkte Freiheit“ an, die das wachsende Misstrauen gegenüber Staat und Institutionen beleuchtet.

Carolin Amlinger, Oliver Nachtwey: „Zerstörungslust.“ Elemente des demokratischen Faschismus. Suhrkamp Verlag, Berlin 2025 


Zum Hören: Aufmerksamkeit für die graue Zone  

Von Verschwörungsmythen über autoritäre Sehnsüchte bis zu antidemokratischer Propaganda – Aufklärungsfeindlichkeit hat viele Gesichter. Karim Saleh, Islamwissenschaftler und Fachreferent der Fachstelle Extremismusdistanzierung Baden-Württemberg (FEX), beleuchtet in der Reihe HörRäume das Thema „Aufklärung unter Druck – Extremismus, Desinformation und die Verteidigung der Mündigkeit“. Er erklärt, wie politische Bildung, Zivilgesellschaft und Pädagogik diesen Gefahren entgegentreten – und warum die „graue Zone“ zwischen Extremismus und Demokratie besondere Beachtung verdient.

 

VIER FRAGEN AN ...

das Innovationsprojekt „Kommunen für alle? – Rassismuskritik in kommunalen Verwaltungen“

In unserer Rubrik „Vier Fragen an …“ stellen Träger und Partner des Demokratiezentrums Baden-Württemberg ihre Arbeit vor. In dieser Ausgabe: das Innovationsprojekt „Kommunen für alle? – Rassismuskritik in kommunalen Verwaltungen“ im Bundesprogramm „Demokratie leben!“. Träger ist die Europäische Städtekoalition gegen Rassismus e. V. (ECCAR) in Heidelberg.

DZBW: Frau Seven, Sie leiten das Innovationsprojekt „Kommunen für alle? – Rassismuskritik in kommunalen Verwaltungen“. Was ist das Ziel dieses Projekts?

Seven: Kommunalverwaltungen prägen den Alltag vieler Bürgerinnen und Bürger, in dem sie als demokratische Institution, Regelungsinstanz, Arbeitgeberin, Dienstleisterin und auch als Vertragspartnerin zentrale Funktionen für die Demokratie vor Ort ausüben. Im Kontakt mit kommunalen Verwaltungen entscheidet sich oft zuerst, ob staatliches Handeln als gerecht, zugänglich und vertrauenswürdig erlebt wird. Die öffentliche Verwaltung steht also – wie wir als Gesellschaft insgesamt – vor der Aufgabe, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln und der demographischen Realität unserer Gesellschaft anzupassen. Wir möchten mit dem Projekt Kommunen dabei unterstützen, Verwaltungsstrukturen in Hinblick auf die Einwanderungsgesellschaft zu modernisieren und Verwaltungshandeln hinsichtlich Vielfaltskompetenz mit einem Schwerpunkt auf Rassismus zu professionalisieren. So können Kommunen der Verpflichtung gleichberechtigte Dienstleistungen für alle Bürgerinnen und Bürger zu erbringen noch besser gerecht werden.

DZBW: Wie zeigt sich Rassismus in kommunalen Verwaltungen?

Seven: Mit unserem Projekt richten wir den Blick auf jene Formen von Rassismus, die weniger offensichtlich sind – also nicht in offenen oder bewussten Diskriminierungen einzelner Personen bestehen, sondern in den Strukturen, Routinen und Abläufen, die den Verwaltungsalltag prägen. Diese scheinbar neutralen Regelungen können unbeabsichtigt dazu führen, dass bestimmte Gruppen – etwa Menschen mit Migrationsgeschichte – benachteiligt werden. Das widerspricht dem staatlichen Diskriminierungsverbot, das öffentlichen Institutionen untersagt, Ungleichbehandlungen selbst zu reproduzieren. Das ist ein zentraler Ausgangspunkt für unser Projekt.

Zudem zeigt sich in vielen Verwaltungen eine deutliche Repräsentationslücke: Menschen mit Migrationsgeschichte sind in der Belegschaft deutlich unterrepräsentiert. Diese Lücke wirkt sich auf die Legitimation und das Vertrauen in die Verwaltung aus und weist zugleich auf strukturelle Barrieren beim Zugang hin.

Hinzu kommt, dass es bislang kaum standardisierte Formate der Professionalisierung oder Weiterbildung rund um Rassismuskritik mit Blick auf Verwaltungshandeln in der Einwanderungsgesellschaft gibt. Mit „Kommunen für alle?“ schließen wir hier eine zentrale Lücke: Wir entwickeln und erproben innovative Formate, um Verwaltungspersonal zu sensibilisieren und zukunftsfähig aufzustellen – mit dem Ziel, rassismuskritisch die Stadt von morgen zu gestalten. Dabei zeigt sich auch, dass es vielerorts noch kein gemeinsames Verständnis darüber gibt, wo und wie sich Rassismus im Verwaltungshandeln konkret äußert. Genau hier wollen wir ansetzen und gemeinsam mit unseren Modellkommunen praxisnahe Handlungsempfehlungen für einen rassismuskritischen Umgang in kommunalen Strukturen erarbeiten.

DZBW: Wie groß ist der Bedarf?

Seven: Der Bedarf ist groß – und er betrifft letztlich die Funktionsfähigkeit unserer Demokratie. Studien wie der Nationale Diskriminierungs- und Rassismusmonitor (NaDiRa) zeigen: Menschen, die Rassismus erfahren, haben weniger Vertrauen in staatliche Institutionen. Wenn aber ganze Bevölkerungsgruppen das Vertrauen in Behörden verlieren, gefährdet das langfristig den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Legitimation staatlichen Handelns. Verwaltung ist schließlich das Gesicht des Staates vor Ort – sie entscheidet maßgeblich darüber, ob staatliches Handeln als gerecht und zugänglich erlebt wird.

Dass der Bedarf groß ist, zeigt sich auch an der großen Zahl der Kommunen, die sich für unser Projekt beworben haben. Das verdeutlicht, wie wichtig es ist, Verwaltungen bundesweit mit konkreten Instrumenten auszustatten, um Rassismus in den eigenen Strukturen zu erkennen und nachhaltig abzubauen. Die über 60 deutschen ECCAR-Kommunen gehen hier bereits voran und zeigen, dass rassismuskritische Verwaltungsarbeit ein zentraler Bestandteil moderner, zukunftsfähiger Kommunen ist.

Kurz gesagt: Der Bedarf ist nicht nur wissenschaftlich belegt, sondern wird in der kommunalen Praxis täglich spürbar – und genau deshalb braucht es Projekte wie unseres.

DZBW: Suchen Sie noch Pilotkommunen, die bei diesem Projekt mitmachen?  

Seven: Der Bewerbungsprozess konnte vergangene Woche abgeschlossen werden. Unser Ziel war es, eine möglichst vielfältige Zusammensetzung der Modellkommunen zu erreichen – hinsichtlich Größe, geografischer Lage und Verwaltungsstruktur. Das ist uns gelungen dank der sehr großen Nachfrage und damit verbunden hohen Anzahl an Bewerbungen. Das hat uns sehr gefreut. Umso schöner, dass wir mit 16 Modellkommunen aus ganz Deutschland das Projekt „Kommunen für alle? – Rassismuskritik in kommunalen Verwaltungen“ die kommenden drei Jahre gestalten werden und damit einen wichtigen Beitrag zur Gestaltung einer gerechteren und zukunftsfähigen Verwaltungspraxis leisten werden.  

Ansprechpartnerin:
Jasemin Seven

Projektleitung „Kommunen für alle? – Rassismuskritik in kommunalen Verwaltungen“

Europäische Städtekoalition gegen Rassismus e. V.  (ECCAR e. V.)
Amt für Chancengleichheit, Stadt Heidelberg
Eppelheimer Straße 13, 69115 Heidelberg, Deutschland
Telefon: +49 6221 5815549
E-Mail: office@eccar.info
Webseite: eccar.info